...Und ich tue es weil ich meine Schönheit anderen Männern gegenüber nicht zeigen will sondern nur mein Mann mich sehen soll...

Genau diesen Satz höre ich stets als erstes, wenn ich ein Mädchen oder eine Frau zum Schleier frage - und als zweites nicht immer, doch meist, dann, daß ansonsten die Familie/Verwandtschaft/Nachbarn Amok laufen würden, woraus ich schließe, das das erste der Wunsch (oder das vorauseilende Gehorsam) und das zweite die Realität ist.

Claudia zitierte vor einiger aus einem längeren Artikel, und daraus geht eigentlich in erster Linie hervor, daß das Kopftuch, befreit von aller Propaganda, zur Abwehr von männlichen Unbotmäßigkeiten dient. Da muß sich ja in Arabien in den letzten 1500 Jahren nicht viel geändert haben, wenn dieser Schutz vor notgeilen Mitmenschen nach wie vor notwendig ist.

Ein anderer Aspekt ist das erwähnte Zeigen von "Nichtinteresse" an Männern - schade, daß ich das erst heute gelesen habe, dieses Wissen hätte mir nämlich auf diversen Fahrten mit der Louage und Bahn gut geholfen, wenn ich ob anzüglicher Bemerkungen von Kopftuchträgerinnen ziemlich dumm dagesessen habe.
Dann gibt es auch den "Respekt" - der hat nur einen Haken, nämlich den, daß in fröhlicher Männerrunde beim Vorbeilaufen von kopftuchbedeckten Frauen durchaus nicht jugendfreie Meinungen geäußert werden, und nicht selten sogar Spott zu hören ist. Zu diesem "Respekt" müssen offenbar beide, nämlich die Frauen und die Männer, auf der gleichen Wellenlänge liegen, sobald diese Kongruenz nicht gegeben ist, gibt es auch keinen Respekt - in beiden Richtungen.

Das Kopftuch als Erkennungszeichen halte ich dagegen uneingeschränkt für richtig erkannt, denn hierdurch wird nach außen hin diese oben erwähnte "gleiche Wellenlänge" demonstriert - leider aber auch in vielen Fällen nur demonstriert und nicht im sonstigen Leben vorgelebt. Das erinnert mich an die 60/70er Jahre, wo man als Mann eine Lederjacke trug, um in der Öffentlichkeit als Halbstarker zu gelten, ganz egal, wie man ansonsten und wirklich gewesen ist. Schein statt Sein.

Zu den Beobachtungen von Kopftuch mit Stöckelschuhen (was soll daran eigentlich erotisch sein, wenn jemand sich wie ein Huhn bewegt...) kann ich noch hinzufügen: Kopftücher plus Gesicht-Piercings sehen auch ganz interessant aus. :-)

Fazit: Warum ein großes Aufhebens um Kopftücher machen, dadurch wird das Tragen doch nur noch gefördert, die Sitte (ich sage ganz bewußt "Sitte" und nicht "Glaube") ist im Niedergang begriffen und nur die europäische Entrüstung bewirkt einen "jetzt aber"-Abwehrreflex, der bis in die Heimatländer wirkt und dort Wasser auf die Mühlen interessierter Kreise ist.

Ich wundere mich sowieso, warum jeder über Kopftücher herzieht (die Männer mit den Reisbauern-Strohhüten sehen noch viel verbotener aus...), über die Sitte, daß Frauen nur voll bekleidet ins Wasser gehen (und danach oft einen Miss-Wet-T-Shirt-Wettbewerb gewinnen könnten), könnte man sich doch viel mehr und vor allem mit viel mehr Argumenten aus mannigfaltigen Bereichen ereifern. Und wer meint, daß es davon ja nur ein paar Beispiele gäbe, der war noch nicht im Sommer am Nicht-Touristen-Strand...