01.12.2003:
Berlin: "Gegen Dämonisierung"
Überparteiliche Initiative gegen «Lex Kopftuch» stößt auf Kritik und Zustimmung

(dpa)Eine überparteiliche Frauen-Initiative hat sich gegen ein Kopftuch-Verbot für muslimische Lehrerinnen ausgesprochen. «Es ist nicht entscheidend, was auf dem Kopf ist, sondern was im Kopf ist», sagte die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Marieluise Beck (Grüne), bei der Vorstellung des «Aufrufs wider eine Lex Kopftuch» am Montag in Berlin. Der Türkische Bund Berlin (TBB) kritisierte die Initiative scharf. Das Kopftuch sei ein Instrument zur Unterdrückung und ein «Kampfmittel der Fundamentalisten». Die mehr als 70 Unterzeichnerinnen der Initiative aus Politik, Wissenschaft, Kirchen und Medien wenden sich gegen eine Dämonisierung und die Verbannung des Kopftuchs aus dem öffentlichen Raum. «Die Ausgrenzung ist das Zeichen, auf das die Fundamentalisten geradezu warten», sagte Beck. Die frühere Ausländerbeauftragte Berlins, Barbara John (CDU), kritisierte, ein Verbot folge dem Muster der Mullahs und missachte das Selbstbestimmungsrecht der Frauen.

Kopftuch, Schleier und Burka seien für islamische Fundamentalisten Instrumente zur Unterdrückung der Frau, heißt es in dem Aufruf. Allerdings vertrete nicht jede muslimisch Frau, die ein Kopftuch trage, den politischen Islam. Den Aufruf haben unter anderen die CDU- Politikerin Rita Süssmuth, die Bischöfin Maria Jepsen, Verbraucherministerin Renate Künast (Grüne) und die Schauspielerin Katja Riemann unterzeichnet.

Der Türkische Bund Berlin forderte dagegen, dass im gesamten öffentlichen Dienst «das Tragen von allen politischen und religiösen Symbolen» gesetzlich unterbunden werden müsse. Zudem gehe es beim Kopftuch-Streit nur um den öffentlichen Dienst und nicht um ein generelles Verbot. Auslöser des Aufrufs ist ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Danach dürfen die Länder das Kopftuch verbieten, wenn sie eine gesetzliche Grundlage schaffen und alle Religionen gleich behandeln.