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Die ersten zehn Tage im Dhu l-Hiddscha

Vor ungefähr 2 Monaten verließ uns ein geliebter Gast, der Ramadan. Und nun, am 1./2. Januar 2006, beginnt inschaa’ Allah der segenbringende Haram-Monat Dhu l-Hiddscha , in dem Allah uns die besten zehn Tage des gesamten Jahres schenkt. Der große Segen, der in den ersten zehn Tagen des Dhu l-Hiddscha liegt, ist vielen Muslimen nicht bewusst. Dabei sollten wir uns in ihnen ebenso so stark um gute Werke und freiwillige Gottesdienste bemühen, wie in den letzten zehn Nächten des Ramadan.

Allah erschuf besondere Zeiten des Gottesdienstes

Allah erschuf die Zeit und zog einige Zeiträume anderen vor. Er machte bestimmte Tage, Nächte und Monate segensreicher und damit kostbarer als andere. In diesen Zeiten belohnt Allah aus Seiner Gnade heraus die guten Werke Seiner Knechte um ein Vielfaches mehr als sonst, wodurch sie angespornt werden sollen, ihre Bemühungen und Gottesdienste zu verstärken. Denn der Muslim ist stets bestrebt, seinen Anteil am Lohn im Jenseits zu vermehren, um sich auf seinen Tod und den Jüngsten Tag vorzubereiten. Diese Hochsaisons der Gottesdienste sind außerdem eine gute Möglichkeit, die eigene Nijja (Absicht) zu überdenken und gegebenenfalls zu korrigieren, Fehler wieder gut zu machen und Unzulänglichkeiten auszugleichen. Jeder der verschiedenen Anlässe ist mit einer bestimmten Art des Gottesdienstes verbunden, wodurch der Knecht seinem Schöpfer näher kommen kann, und birgt besondere Gnaden, mit denen Allah diejenigen begünstigt, die Er will. Und erfolgreich wird sicherlich derjenige sein, der für sich aus diesen segensreichen Zeiten das meiste herausholt.

Ein Muslim muss den Stellenwert seines Lebens kennen, sich fortwährend bemühen, Gutes zu tun und daran festhalten, Allah bis zum letzten Atemzug zu dienen. Allah sagt: „Und diene deinem Herrn, bis zu dir kommt, was gewiss ist“ (15:99), nämlich das Sterben.

Die besten zehn Tage des Jahres

Die Mehrheit der muslimischen Gelehrten bezieht die im folgenden Hadith (Überlieferung, Mz. Ahadith) erwähnten Tage auf die ersten zehn Tage im Dhu l-Hiddscha:

Ibn Abbas (r) überlieferte: „Allahs Gesandter, Allah segne ihn und schenke ihm Heil, sagte: Es gibt keine Tage, an denen rechtschaffene Werke Allah lieber sind als in diesen zehn Tagen. Sie sagten: ,Gesandter Allahs, nicht einmal der ganze Einsatz (Dschihad) auf dem Wege Allahs?’ Da sagte Allahs Gesandter: ,Nicht einmal der ganze Einsatz auf dem Wege Allahs – außer einem Mann, der mit seiner Seele und seinem Vermögen (auf dem Wege Allahs) auszog und dann mit nichts davon zurückkehrte’“ (Tirmidhi) (1).

Diesem Hadith nach zu urteilen sind die ersten zehn Tage im Dhu l-Hiddscha die besten Tage des gesamten Jahres. Einige Gelehrte sagen, dass sie sogar besser seien als die letzten zehn Tage im Ramadan. Allerdings liegt die Betonung hier auf „Tage“, denn die besten zehn Nächte im Jahr sind nach allgemeiner Auffassung die letzten zehn Nächte des Ramadan, da die Lailatu l-Qadr in ihnen liegt.

Aber machen wir uns einmal bewusst, was der Prophet Muhammad (s) in obigem Hadith ausdrücken wollte: Ein einziges vollbrachtes gutes Werk wiegt in dieser Zeit schwerer als der ganze Einsatz auf dem Wege Allahs. Wie schwierig es ist, den Wert einer solchen Tat zu übertreffen, erklärt er anhand eines äußerst seltenen Falles: Jemand muss erst sein gesamtes Vermögen und sich selbst auf dem Wege Allahs geopfert haben, damit seine Tat gewichtiger ist bei Allah als ein gutes Werk in diesen Tagen. Selbst in der allbekannten Begebenheit mit dem edlen Prophetengefährten Abu Bakr (r), in der er sein gesamtes Vermögen spendete und dann erklärte, er habe seiner Familie Allah und Seinen Gesandten übrig gelassen, wurde diese Bedingung offenbar nicht erfüllt, wa l-Llahu a’lam – und Allah weiß es am besten.

Was für einen Stellenwert diese Tage bei Allah haben, wird anhand dieses Beispieles eindrucksvoll geschildert. Sie sind so gewichtig, dass Allah auch bei Ihnen schwört: „Bei der Morgendämmerung, und zehn Nächten, und dem Geraden und dem Ungeraden, ...“ (89:1-3). Die meisten der klassischen Koranausleger sind der Auffassung, dass die „zehn Nächte“ sich auf die ersten zehn Tage im Dhu l-Hiddscha beziehen (2). Und Allah, Der Gewaltige, schwört nur bei gewaltigen Dingen.

In diesen zehn Tagen liegt auch der Tag von Arafat, es ist der neunte Tag im Dhu l-Hiddscha. Am Tag von Arafat vollendete Allah den Islam und offenbarte den Vers: „Heute habe Ich für euch eure Religion vollendet, und Ich habe Meine Gnade an euch erfüllt, und Ich habe für euch den Islam als Religion auserwählt“ (5:3).

In den guten Werke wetteifern

Solche segensreichen Zeiten sind ein großer Gewinn für diejenigen, die im Vollbringen guter Werke miteinander wetteifern und ein arger Verlust für diejenigen, die sich träge geben und sie tatenlos verstreichen lassen.

Die Knechte Allahs sollen um Seine Vergebung und ein Paradies wetteifern, dass so groß ist wie die Himmel und die Erde. Der Prophet Muhammad (s) fordert uns unmissverständlich auf, uns mit den guten Werken zu beeilen, und nicht lange damit zuzuwarten: „Gemächlichkeit in allen Dingen, außer in den (guten) Werken (für) das Jenseits“ (Abu Dawud). Und auch Allah sagt, nachdem Er die Herrlichkeit des Paradieses beschreibt: „... und darum also sollen die Rivalisierenden rivalisieren“ (83:26). Und Er sagt auch: „... also sucht einander an guten Taten zu übertreffen“ (2:148).

Beispiele guter Werke:

Umra und Hadsch

Zu den besten Dingen, die ein Muslim in dieser Zeit tun kann, gehören die Umra und der Hadsch. Der Prophet (s) sagte: „Ein angenommener Hadsch bringt keinen geringeren Lohn als das Paradies“ (Buchari).

Kurban – das Schlachtopfer

Eine besonders verdienstvolle Tat, die ein nicht pilgernder Muslim in dieser Zeit tun kann, ist das Darbringen eines Schlachtopfers. Wenn ein Muslim ein Kurban schlachten möchte, soll er sich zusätzlich innerhalb dieser zehn Tage seine Nägel und Haare nicht schneiden (Muslim).

Allahs eingedenk sein und Ihn preisen

Ibn Umar berichtete, dass Allahs Gesandter (s) sagte: „Es gibt keine großartigeren Tage bei Allah, an denen Ihm (rechtschaffene) Werke lieber sind als an diesen zehn Tagen, also sprecht in ihnen viel Tahlil (la ilaha illa llah / es gibt keinen Gott außer Allah), Takbir (Allahu akbar / Allah ist am größten) und Tahmid (al-hamdu li-llah / Lob sei Allah)“ (Ahmad).

Es ist also Sunna, Allahs in den ersten zehn Tagen des Dhu l-Hiddscha viel eingedenk zu sein und Ihn viel zu preisen, und zwar zu Hause, in der Moschee, unterwegs und überall, wo dies ohne Probleme möglich ist. Der Takbir kann beispielsweise die Worte beinhalten:

Allahu akbar, Allahu akbar, Allahu akbar, la ilaha illa-llah, wa-llahu akbar, wa li-llahi l-hamd
(Allah ist am größten, Allah ist am größten, Allah ist am größten, es gibt keinen Gott außer Allah, Allah ist am größten, und Allahs ist das Lob!).

Allahs Name wird so als eine Art des Gottesdienstes und als Zeugnis Seiner Herrlichkeit laut ausgesprochen.

Diese Sunna ist in Vergessenheit geraten, speziell was den ersten Teil der zehn Tage anbetrifft. Es ist daher gut, andere Muslime durch das eigene Vorbild an diese Sunna zu erinnern. Der Prophet Muhammad (s) sagte: „Wer immer eine Sunna von mir wiederbelebt, die nach mir in Vergessenheit geraten war, erhält den gleichen Lohn wie diejenigen, die ihm folgen, ohne dass es deren Lohn irgendwie schmälert. ...“ (Tirmidhi).

Fasten

Fasten ist eine der besten Taten, über die Allah in einem Hadith qudsi (Heiligen Hadith) gesagt hat: „Jede Tat des Sohnes Adams ist für ihn, außer dem Fasten, und das ist für Mich, und Ich lohne es“ (Buchari).

Es ist Sunna, am neunten Tag des Dhu l-Hiddscha, also am Tag von Arafat, zu fasten, wenn man sich nicht dort befindet. Der Prophet (s) sagte: „Das Fasten am Tag von Arafat – ich hoffe ja darauf, dass Allah (damit die Sünden des) vorausgegangenen Jahres vergibt und (die Sünden) des nachfolgenden Jahres“ (Tirmidhi).

Viel Beten

Allahs Gesandter (s) sagte: „Wirf dich (im Sudschud) vor Allah nieder, soviel du nur kannst. Denn gewiss wirfst du dich nicht einmal vor Allah nieder, ohne dass Er dich damit um eine Rangstufe erhöht und von dir damit eine Sünde wegnimmt“ (Muslim).

Spenden

Allahs Gesandter (s) sagte sinngemäß: „Es gibt keinen Tag, an dem die Knechte aufwachen, ohne dass zwei Engel herabsteigen, und einer von ihnen sagt: ,O Allah, gib dem Gebenden als Ausgleich', und der andere sagt: „O Allah, gib dem Zurückhaltenden (den) Ruin“ (Buchari).

Spenden bringt dem eigenen Vermögen Segen. Tun wir dies in einer segensreichen Zeit, dürfen wir auf noch mehr Segen hoffen. Aber Spenden bringt auch Schutz am Jüngsten Tag, denn der Prophet (s) sagte: „Siebenen wird Allah, der Erhabene, Schatten schenken, am Tag an dem es keinen Schatten gibt, außer Seinem Schatten: ... und einem Mann, der eine Spende gibt und sie verbirgt, so dass seine Linke nicht weiß, was seine Rechte gibt...“ (Buchari).

Sa’d Ibn Ubada fragte den Propheten (s): „Gesandter Allahs! Umm Sa’d ist gestorben, welche Sadaqa ist also am verdienstvollsten (,die ich für sie spenden kann). Der Prophet (s) sagte: „Wasser.“ Da grub er einen Brunnen und sagte: „Dieser ist für Umm Sa’d“ (Abu Dawud).

Rezitieren und Lehren des Korans

Allahs Gesandter (s) hat gesagt: „Der Beste unter euch ist der, der den Koran gelernt und ihn (andere) gelehrt hat“ (Buchari).

Und er (s) sagte auch: „Wer einen Buchstaben aus dem Buche Allahs liest, erhält dafür eine Hasana (Lohn), und eine Hasana zählt das Zehnfache ihresgleichen. Ich sage nicht alif lam mim ist ein Buchstabe, sondern alif ist ein Buchstabe, lam ist ein Buchstabe und mim ist ein Buchstabe“ (Tirmidhi).

Der Prophet (hat) über Allahs Wort: „... die Koranlesung der Morgendämmerung wird ja bezeugt, ...“ (17:87) (gesagt): „Die Engel der Nacht und die Engel des Tages bezeugen es“ (Tirmidhi).

Aufrichtige Reue

Zuletzt soll noch das aufrichtige Bereuen aller Arten des Ungehorsams gegenüber Allah Erwähnung finden. Gerade diese zehn Tage und andere segensreiche Zeiten laden dazu ein, da die Gedanken in diesen Zeiten wieder zu Allah finden und die Menschen eifrig Gutes tun. Dadurch fällt es leichter, vergangene Fehler zu entdecken, sie aus ganzem Herzen zu bereuen und den festen Vorsatz zu fassen, nichts mehr zu tun, was Allah missfällt. Und Reue zusammen mit der aufrichtigen Bitte um Vergebung bedeutet, zu Allah zurückzukehren und an Ihm festzuhalten. Und aufrichtiges Bereuen gepaart mit guten Taten in tugendhaften Tagen kann ein Zeichen von Erfolg sein: „Und wer reuig umgekehrt ist und geglaubt und Rechtschaffenes getan hat, so kann es sein, dass er einer von denen ist, denen es wohlergeht.“ (28:67).

Dies sind nur einige der guten Taten, die man in den ersten zehn Tagen des Dhu l-Hiddscha vollbringen kann. Es gibt viel zu verlieren und viel zu gewinnen, öffnen wir also unsere Herzen und lassen Allahs Licht hinein. Vielleicht wird Er auch uns Seine Barmherzigkeit in diesen Tagen spüren lassen, und wen Er sie spüren lässt, wird am Jüngsten Tag unter den Glücklichen sein.

Quelle: Muslimeopfern.de