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Pressefreiheit Statistik von Reporter ohne Grenzen
#144067
09/12/2002 08:36
09/12/2002 08:36
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Joined: May 2001
Beiträge: 44,033 Gera
Claudia Poser-Ben Kahla
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Mitglied***
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Gera
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Pressefreiheit Die Länder, die sich als der Hort der Einhaltung der Menschenrechte (siehe unsere Meldung über ("religiöse Diskriminierung") oder, wie hier, als den Inbegriff der Pressefreiheit halten und vor allem politisch mißliebige Staaten Tag und Nacht mit Meldungen über Zensuren und Unterdrückung überhäufen, kommen in den Statistiken nicht besonders gut weg. So gab die Organisation "Reporter ohne Grenzen" letzte Woche (21.10.02) bekannt, dass in den USA zahlreiche Journalisten verhaftet wurden, weil sie in Gerichtsverhandlungen ihre Quellen nicht preisgaben oder weil sie nach den Anschlägen vom 11. September 2001 angeblich Sicherheitsbestimmungen missachtete. Bei der Plazierung brachte es Italien nur auf Platz 40, gleich hinter Benin. Alle übrigen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union kamen auf ganz gute Plätze: auf die Plätze 1-4 wurden Finland, Island, Norwegen und die Niederlande gesetzt. Deutschland kam auf Platz 7. Die Türkei erreichte den Rang 99: Nach wie vor werden Journalisten auf Grund ihrer Veröffentlichungen verurteilt, Medien regelmäßig zensiert. Israel steht auf Platz 92. Dort würden einheimische Medien und die Pressefreiheit zwar weitgehend geachtet. Seit Beginn der militärischen Besetzung in palästinensischen Städten im März 2002 sind jedoch in der Westbank und im Gaza-Streifen zahlreiche Journalisten bedroht, festgenommen oder ausgewiesen und Verstöße gegen internationale Abkommen registriert worden. Die USA sind kamen auf Platz 17 und lagen unter den 139 erfassten Staaten noch hinter Kostarika. Der, zum ersten mal, von "Reporter ohne Grenzen" aufgestellte Index zur Presefreiheit kann im Internet in Englisch, Französisch und Spanisch unter folgender Website abgerufen werden www.rsf.org
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Re: Pressefreiheit Statistik von Reporter ohne Grenzen
#144068
22/01/2003 10:40
22/01/2003 10:40
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Anonym
Nicht registriert
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Anonym
Nicht registriert
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Hier ist ein Artikel von der Waiblinger Kreiszeitung Rems-Murr-Rundschau 02.12.2002
"Von unserem Redaktionsmitglied Jörg Nolle
Die Wahrheit dringt durch
Das Beispiel Sihem Bensedrine, Journalistin in Tunesien
Von unserem Redaktionsmitglied Jörg Nolle Preisträgerin Sihem Bensedrine Sie hätte es schön haben können. Halbwegs bequem, so wie 99 Prozent der Menschen um sie herum. Sihem Bensedrine wuchs in Tunesien auf. Das ist nicht Schwarzafrika, das bald vollends in einem einzigen Bandenkrieg verblutet. Die Prognosen für das Schwellenland Tunesien waren gut. Kaum Korruption, bester Lebensstandard aller afrikanischen Araber, keine Unterdrückung der Frau, der Tourismus blüht, ein säkularer Staat, der nicht willkürlich Gottheiten einen Tempel baut. Gut, es gab da den alten Staatschef Bourgiba. Kein Demokrat, aber auch kein Schlächter. Und da gab es diese Reformen in den 80er Jahren. Mehr Demokratie, mehr Meinungsfreiheit.
Sihem Bensedrine hätte sich einrichten können in ihrem Land, auch bei ihrem kritischen, wachsamen Verstand. Sie hätte weiter für die großen Zeitungen ihres Landes schreiben können. Sie hätte ihr Privatleben führen können mit ihrem Mann und ihren drei Kindern. Eine nette kleine Perspektive, wie die Millionen anderer auch.
Doch Ende der 80er Jahre verschärft das Regime seinen Kurs. Bourgiba wird von dem General Ben Ali weggeputscht. Seine Partei nennt sich demokratisch, versteht sich aber als einzig legitime Machthaberin. Ben Ali hat sich jüngst unter dem Eindruck, besser: unter dem Vorwand des 11. Septembers eine Regentschaft auf Lebenszeit genehmigt. Und das heißt, es gibt in diesem Land keine Perspektive mehr für Menschen wie Sihem Bensedrine, die sich als Beruf und Berufung gegeben hat, über die Wahrheit im Land zu schreiben.
Für die Palm-Preis-Verleihung ist die körperlich so gar nicht große, starke Frau von Hamburg aus angereist. Die dortige Stiftung für politisch Verfolgte hat sie für ein Jahr aufgenommen. Ein Stipendium in Freiheit. Für die Freiheit des Worts. Die erste Frage kann kein pflichtgemäßes „Wie geht es Ihnen“ sein. Das vorab ausgegebene Infomaterial über die Preisträgerin zeigt ein Foto von ihr: Stützverband um den Hals, die rechte Augenhöhle blau vom Bluterguss. Im April 2000 wurde sie vor dem Haus des ebenfalls verfolgten Journalisten Taufik Ben Brik verhaftet. Auf dem Weg zum Kommissariat wurde Sihem Bensedrine brutal geschlagen. Die Spuren der Misshandlung sind heute nicht mehr sichtbar. Innerlich wuchs eher noch ihre Entschlossenheit.
Längst war sie zur Landesfeindin erklärt worden. 1999 gründete sie mit anderen den Nationalen Rat für Freiheiten, dessen Sprecherin sie heute ist. Nachdem Ende 2000 der tunesische Innenminister die Genehmigung für Bensedrines Zeitung Kalima (Das Wort) verweigert hatte, umging die Journalistin die Zensur, indem sie ihr Magazin ins Netz stellte.
Sie genieße jetzt in Hamburg Schutz, sagt sie. Aber sie weiß, wenn sie wieder zurückkehrt zur Familie, „hören die Verfolgungen nicht auf“. Polizisten bewachen ihr Haus Tag für Tag und terrorisieren jeden, der mit ihrer Familie Kontakt aufnimmt. Sie kann ihren Ehemann nicht anrufen, so wie er keine Verbindung herzustellen vermag. Auch kappt das Regime seinen Gegnern die Internetleitung.
Man will verstehen, warum gerade das einst hoffnungsvolle Tunesien so sehr unter der Diktatur leiden muss. Sihem Bensedrine sagt, sie habe sich zunächst auch täuschen lassen vom Despoten Ben Ali. Niemand konnte wissen, dass es ihm vor allem um die Sicherung der Pfründe seines Clans geht. Die Korruption bestimme jetzt die Staatsgeschäfte. Vieles geschah unter dem Vorwand, den islamischen Fundamentalismus zu bekämpfen.
Mit dem 11. September wurde dieser Vorwand vollends zur Staatsdoktrin. Ben Ali will jetzt dem Westen beweisen, dass er der schärfste Terrorismusbekämpfer ist. Sihem Bensedrine sieht da eine unheilvolle Allianz an der Macht. Sie unterscheidet zwischen dem amerikanischen Volk, durchaus historischer Garant für Meinungsfreiheit, und der Bush-Administration. „Für vieles, was in der Welt jetzt passiert, ist die Bush-Regierung verantwortlich zu machen.“ Der „militärisch-industrielle Komplex“ rüste zum Krieg gegen islamische Staaten. Sihem Bensedrine ist viel zu sehr an der persönlichen wie gesellschaftlichen Freiheit interessiert, als dass sie eine Religionsschrift als Handlungsanleitung gelten lassen könnte. Aber, sagt sie, „solche Regimes wie in Tunesien fabrizieren erst den Terrorismus, weil sie jede Möglichkeit einer moderaten islamischen Opposition ausschließen“.
Indes: Die Wahrheit kommt durch, da ist sie sich sicher. Das Internet funktioniert jetzt auch über Satellit."
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