http://www.svp-basel.ch/AktuelleThemen19.htmlNEIN zur irreführenden Volksinitiative: "Ja zu Europa" am 4. März 2001
Im Jahre 2000 stimmten wir über die bilateralen Verträge ab. Da die
Zustimmung des Volkes unsicher war, wurde von der Regierung hoch und heilig
versichert, dass bei einem Ja zu diesen Verträgen die EU-Beitrittsfrage für
die nächsten 7 Jahre vom Tisch wäre. Man wolle zuerst mit den bilateralen
Verträgen Erfahrungen sammeln und dann nach 7 Jahren eventuell nochmals
darüber abstimmen. Daher stimmten auch viele EU-Gegner zu. Doch die
bilateralen Verträge sind bis jetzt noch nicht einmal von allen EU-Ländern
ratifiziert worden und schon steht der Beitritt erneut zur Diskussion. Wenn
sich auch eine Mehrzahl der Parlamentarier an das Versprechen erinnerte, so
waren die anderen offenbar der Meinung, wer ihnen glaube, sei selbst schuld.
Etikettenschwindel
Eigentlich hätte die Initiative wegen eines falschen und irreführenden
Titels meiner Meinung nach gar nicht zugelassen werden dürfen. Europa ist
ein geografischer Begriff, der nichts mit einem politischen Gebilde namens
Europäische Union (EU) zu tun hat.
Eine Initiative für eine Plauderstunde mit der EU?
Die Befürworter argumentieren, dass es nur darum gehe, Gespräche mit der EU
zu führen. Solche Gespräche waren und sind auch heute tägliche Routine.
Dafür braucht es keine Initiative mit einem Budget von weit über 1 Million
Franken. Der Initiativtext und die Homepage der Befürworter lässt keinen
Zweifel, dass es ihnen um den Beitritt geht. Mit Recht weist der Bundesrat
darauf hin, dass wir noch keinerlei Erfahrungen sammeln konnten, da die
bilateralen Verträge von den EU-Staaten noch gar nicht ratifiziert sind.
Wenn die Auswirkungen des freien Lastwagenverkehrs und des nahezu freien
Personenverkehrs genügend bekannt sind und von der ganzen Bevölkerung, der
Wirtschaft und der Politik abgeschätzt werden können, dann kann es darum
gehen, eventuelle Beitrittsverhandlungen mit der EU zu führen, aber sicher
nicht früher. Aber gerade das fürchten die Befürworter eines EU-Beitrittes.
Sie wollen die Schweiz in der EU sehen, bevor sich die Bevölkerung der
negativen Konsequenzen bewusst ist. Man kann sich auch fragen, ob die EU aus
taktischen Gründen die Ratifizierung der bilateralen Verträge aufschiebt, um
bei einer Annahme der Initiative deren Ratifizierung auf den St.
Nimmerleinstag zu verschieben und statt der bilateralen Verträgen auf einen
schnellen EU-Beitritt zu drängen. Mit dem Beitrittsziel in der Verfassung
wären wir zu einem EU-Beitritt gezwungen, zu welchen Bedingungen auch immer
und daher bei den Verhandlungen erpressbar.
Reden ja, Mitbestimmen nein
Ein weiteres Argument der Befürworter ist, dass wir beim Aufbau der EU dabei
sein müssen. Dieses Argument ist lächerlich, besonders jetzt, wo nach Nizza
die Entwicklung der EU nicht absehbar ist. Seit Nizza befindet sich die EU
im Umbruch - zu Lasten der Kleinen und zu Gunsten der Grossen, d.h. ein
Kleinstaat wie die Schweiz wird in einer künftigen EU noch weniger als jetzt
schon zu sagen haben. In Nizza wurden die Vertreter der Kleinstaaten
richtiggehend unter Druck gesetzt, damit sie auf ihre Rechte verzichteten.
In der EU werden vor allem in Zukunft nur die 3 Staaten Deutschland,
Frankreich und England bestimmen, in absehbarer Zukunft wahrscheinlich nur
einer der drei. Deswegen bemühen sich alle drei, an Einfluss zu gewinnen.
Wenn in 1-2 Jahren Polen, die Tschechoslowakei und Ungarn dazu kommen, so
wird Deutschland mächtiger, während Frankreich dann wahrscheinlich, um das
Gleichgewicht zu halten und seine Einflusssphäre zu festigen, die
Maghreb-Staaten (Algerien, Marokko, Tunesien) in die EU bringen wird.
Wichtige Beschlüsse müssen in Zukunft mit einem Bevölkerungsmehrheit von 62%
gefasst werden, d.h. die Grossmächte Frankreich, Deutschland oder England
regieren. Nicht einmal im eigenen Land könnten wir mehr bestimmen, denn
Initiative und Referendum müssten praktisch bei einem EU-Beitritt
abgeschafft werden.
Unsere Zukunft in der EU: zahlen und schweigen
Die Schweiz wäre ein Nettozahler, d.h. wir müssten Milliarden nach Brüssel
schicken. Dafür würden wir unsere Volksrechte verlieren. Die Steuerhoheit
wäre nicht mehr gewährleistet; das Bankgeheimnis würde selbstverständlich
abgeschafft. Unsere Währung wäre an den schwachen Euro gekoppelt. Die
Mehrwertsteuer müsste auf mindestens 15% angehoben werden. Die Zinsen und
die Sozialabgaben würden steigen, d.h. die Mieten und Konsumgüter würden
teurer. Nur tiefere Löhne könnten dann eine Preissenkung bewirken.
Wirtschaftlich kann die Schweiz bei einem EU-Beitritt nur verlieren.
Gewinner wären einzig einige Parlamentarier und Gewerkschaftsführer, die auf
hoch bezahlte Posten hoffen können. Daher findet man bei ihnen auch die
stärksten Befürworter.
Beitritt im nächsten Jahr?
Da die Schweiz ein guter Zahler ist, und der Beitritt der osteuropäischen
Staaten für die EU sehr teuer sein wird, wird die EU bei einer Annahme der
Initiative alles daran setzen, die Schweiz so schnell wie möglich in die EU
zu pressen. Würde die Initiative angenommen, so müsste in kürzester Zeit die
Schweiz vollkommen umgebaut werden. Gegen 80 Revisionen der
Bundesverfassung, von Gesetzen und Staatsverträgen wären nötig. Initiative
und Referendum müssten auf Bundes- und Kantonsebene praktisch abgeschafft
werden. Die Beteiligung an der EU-Interventionstruppe wäre Verpflichtung,
der Eintritt in die NATO mit Abschaffung der Neutralität vorprogrammiert.
Damit müsste sich die Schweiz mit der EU und der NATO auch an
völkerrechtswidrigen Aggressionskriegen beteiligen. Die
EU-Interventionstruppe könnte auch in der Schweiz gegen Schweizer eingesetzt
werden. Die Schweiz ist das Land, dessen politisches System bei einem
Eintritt in die EU am radikalsten umgekrempelt würde.
Zusammenfassend können wir sagen, dass die Initiative versucht, unter einem
irreführenden Titel einen schnellen Beitritt zur EU zu erzwingen. Daher
müssen wir dieser täuschenden Initiative eine klare Abfuhr erteilen und Nein
stimmen.
Alexandra Nogawa, Dr. rer. nat., Biochemikerin und Mitglied der Basler SVP