Oasen sind die einzige Möglichkeit für Mensch und Tier, die lebensfeindliche Wüste zu überstehen. Alles hängt in den Oasen aber vom Wasser ab. Seit Jahren wird aber zu viel Wasser verbraucht. Der Bestand vieler uralter Siedlungsorte in der Sahara hängt daher von einem nachhaltigeren Umgang mit dem Nass ab.

Der Krater am Rand der tunesischen Stadt Tozeur ist trocken. Rinnen durchziehen den steil abfallenden Hang, viele enden in kleinen Höhlen. Nur der Wind raschelt in einem der wenigen Büsche, man kann sich kaum vorstellen, dass hier einmal hunderte Quellen sprudelten, sagt Karem Dassy von der Universität Tunis.

"Ende des 19. Jahrhunderts hat man hier noch 194 Quellen gezählt, die mit einem Durchsatz von etwa 1000 Liter pro Sekunde die gesamte traditionelle Oase von Tozeur versorgten. Sie sind nach und nach versiegt, bis Ende der 1980er gar kein Wasser mehr floss."

Der Grund: In Tozeur wird mehr Wasser verbraucht, als der Brunnen liefern kann. Diesel- und Elektropumpen haben intensive Landwirtschaft auf Hunderten Hektar ermöglicht, zu denen das Wasser der Quellen vorher nicht gekommen ist. Seit Anfang der 90er Jahre wird auch der Tourismus mit seinem enormen Wasserbedarf in Tozeur ausgebaut. Im Laufe des 20. Jahrhunderts haben die Pumpen den Grundwasserspiegel abgesenkt. Ursprünglich reichte der artesische Druck, um die Quellen sprudeln zu lassen. Denn Tozeur liegt in einer Senke: Regen, der auf den Höhen des Atlasgebirges versickert, gelangt durch eine Wasser führende Bodenschicht in die Ebene. Hier am tiefsten Punkt genügte das Gewicht der darüber liegenden Erdschicht, um das Wasser an die Oberfläche zu drücken. Heute sorgen die Pumpen dafür, dass das Wasser nur so sprudelt: Zwei dicke Röhren speien es in das Wadi, das es wie seit Jahrtausenden in die Gärten der Stadt bringt. Dassy:

"Was heute durch das Wadi fließt, wird aus zwei Grundwasserträgern nach oben gepumpt: aus dem Complexe Terminal in 400 Meter Tiefe, aber hauptsächlich aus dem Continental Intercalaire, das auf bis zu 2000 Meter Tiefe liegt."

Das Wasser des Continental Intercalaire hat sich während der letzten Eiszeit angesammelt, als in Nordafrika sehr feuchtes Klima herrschte. Seit Jahrtausenden ist es in den Tiefen der Erde eingeschlossen. Das Vorkommen ist endlich; wie lange die Vorräte reichen, ist bei Experten umstritten. Die Schätzungen reichen von mehreren Jahrzehnten bis zu 1000 Jahren. Die Oasenwirtschaft steht vor Veränderungen. Zwar haben moderne Bewässerungsmethoden die Produktivität erweitert. Doch einige Pumpen erreichen den Grundwasserspiegel schon nicht mehr - ein Wettlauf um das tiefste Loch hat begonnen. Inzwischen sehen Wissenschaftler die traditionelle Oasenwirtschaft wieder mit anderen Augen, sagt Herbert Popp, Professor für Humangeographie an der Universität Bayreuth.

"Wir wissen inzwischen: Auch diese viel gepriesene Tröpfchenbewässerung, bei der man mit sehr wenig Wasser sehr viel bewässern kann, hat also leider das Problem, dass die Versalzungstendenz deutlich größer ist. Die Versalzungsproblematik ist eigentlich in den traditionellen Oasenbewässerungssystemen ganz souverän, integraler Bestandteil so gewesen, dass man sie verhindert hat, bei den neuen Techniken nur manchmal."
Das technische Wissen spiegelte sich in den traditionellen Oasen auch in sozialen Regeln wider. Popp:

"Das ist übrigens ein Aspekt, der viel zu wenig gesehen wird, mit der klassischen Oasenwirtschaft geht verloren ein kulturelles Wissen, bei dem wir also bei den Wasserrechten ganz klar eine Regelung haben, wer wann wie viel Wasser bekommt. Das ist kein Plädoyer für eine Rückkehr zu den alten klassischen Oasen, das wäre wenig realistisch, aber man kann sehr viel lernen aus dieser angeblichen aber tatsächlich gar nicht vorhandenen Rückständigkeit."

Der Tunesier Karem Dassy sieht die Zukunft der Oasen so:

"Die Zukunft der Oasen ist weder rosig noch schwarz. Gut, einige sind ernsthaft bedroht. Die Menschen müssen wieder bewusster mit Wasser umgehen, es nachhaltig nutzen im Bewusstsein dass es endlich ist."

Artikel von Joachim Budde
Quelle: Deutschlandfunk
http://www.dradio.de/dlf/sendungen/forschak/859876/