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Tunesiens Bergbauregion im Griff der Polizei #318153
22/10/2009 23:52
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Tunesiens Bergbauregion im Griff der Polizei
Gesendet von: "Basler Zeitung" Basler Zeitung
Do 22. Okt 2009 8:36



*In Tunesiens Phosphatregion herrscht Polizeiwillkür*<?xml:namespace prefix = o ns = "urn:schemas-microsoft-com:office:office" /><o:p></o:p>

*Repressionen statt der von Staatspräsident Zine El Abidine Ben Ali versprochenen Investitionen*<o:p></o:p>

/Annegret Mathari*, Tunis/<o:p></o:p>

In der Phosphatminenregion im Südwesten Tunesiens protestieren die Menschen gegen Arbeitslosigkeit und Vetternwirtschaft. Zahlreiche Personen wurden inzwischen zu Haftstrafen verurteilt.<o:p></o:p>

Dreimal wöchentlich darf Leila Labidi ihrem Mann Béchir gemäss Gesetz das Essen ins Gefängnis bringen, dienstags ist zudem Besuchstag. Béchir Labidi ist einer der Sprecher der sozialen Protestbewegung in Redeyef, einer Stadt mit 30 000 Einwohnern in der Phosphatminenregion bei Gafsa im Südwesten Tunesiens. Zurzeit befindet sich Leilas Mann in der 400 Kilometer entfernten Hauptstadt Tunis im Gefängnis, und ihr Sohn Modhafer ist in Redjim Maatoug in der Sahara inhaftiert. Ihn kann die Familie nur einmal pro Woche besuchen, weil der Ort zu weit weg ist, wie Leila sagt. Auch andere Familien von Verurteilten der Bewegung werden auf diese Weise schikaniert. Boujemaa Chraiti braucht fast die Hälfte seines Lohnes als Krankenpfleger, wenn er seinen Sohn Ghanem im Gefängnis in Medenine im Südosten des Landes besuchen will.<o:p></o:p>

Ausgelöst wurden die sozialen Proteste, als im Januar 2008 die Resultate einer öffentlichen Stellenausschreibung bei der Compagnie des phosphates de Gafsa (CPG) bekannt wurden, der wichtigsten Arbeitgeberin der Region, in der die Arbeitslosenrate offiziell 30 Prozent beträgt. Bei der Auswahl der Kandidaten waren Beziehungen und Loyalität gegenüber der Regierung höher gewertet worden als Kompetenz. Junge Arbeitslose, darunter Studienabgänger, sowie Schüler, Studenten, Gewerkschafter, Minenarbeiter und deren Angehörige protestierten friedlich gegen Arbeitslosigkeit, steigende Lebenskosten und auch Korruption, die nach ihrer Meinung zur Armut der Region beitrug. Tunesien ist weltweit der viertgrösste Phosphatproduzent. Die Proteste weiteten sich auf andere Städte aus.<o:p></o:p>

Schliesslich kam es zu Verhandlungen zwischen lokalen Behörden und einem Komitee der Einwohner von Redeyef, um Lösungen gegen die Arbeitslosigkeit zu finden. Sprecher des Komitees waren Adnane Hajji, der Generalsekretär der lokalen Lehrergewerkschaft, und Béchir Labidi, ebenfalls Lehrer, die beide inzwischen wegen «krimineller Vereinigung» zu acht Jahren Gefängnis verurteilt worden sind.<o:p></o:p>

Am <?xml:namespace prefix = st1 ns = "urn:schemas-microsoft-com:office:smarttags" /><st1:date Year="2008" Day="6" Month="6" ls="trans">6. Juni 2008</st1:date> setzte die Polizei scharfe Munition gegen eine friedliche Demonstration ein, ein 25-jähriger Teilnehmer wurde getötet und mindestens 26 Menschen wurden verletzt. Schliesslich riegelte die Armee die Region ab. Rund 300 meist junge Menschen wurden verhaftet, 38 weitere Personen als Anstifter verurteilt. Alle wurden den Anwälten zufolge gefoltert, darunter auch 13- und 16-Jährige. Modhafer Labidi erhielt drei und Ghanem Chraiti zwei Jahre Gefängnis.<o:p></o:p>

fassade wahren. Von Präsident Zine El Abidine Ben Alis versprochenen Investitionen für die unterentwickelte Region ist nichts zu sehen. Die Regierung unternimmt jedoch alles, damit weder die Proteste noch die Repression bekannt werden. Vor den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen im Oktober soll die demokratische Fassade des Landes gewahrt werden. Ben Ali ist seit 1987 an der Macht und kandidiert erneut.<o:p></o:p>

freie hand. Heute wütet die Polizei erneut in Redeyef. Zeitweise können die Einwohner die Stadt praktisch nicht verlassen – die Polizei holt sie aus Bussen und Sammeltaxis –, und von ausserhalb kann kaum jemand die Stadt besuchen. Die Polizei droht, sie habe freie Hand und werde keinen Mann in der Stadt lassen. Polizisten verhaften, prügeln und drohen den Personen mit Gefängnis, die mit einem Anwalt sprechen. Ammar Amroussia, der mit seiner Onlinezeitung «El Badil» massgeblich dazu beigetragen hatte, dass die Protestbewegung bekannt wurde, ist mehrmals von Polizisten tätlich angegriffen worden.<o:p></o:p>

/* Die Autorin ist freie Journalistin und lebt in Genf./<o:p></o:p>

*(Source: « Basler Zeitung » , 16.7.2009).**<o:p></o:p>*

*Nach monatelangen Protesten gegen Arbeitslosigkeit und Vetternwirtschaft in der Bergbauregion im Südwesten Tunesiens, die Anfang 2008 begonnen hatten, ist die Repression auch heute noch allgegenwärtig. Die versprochenen Investitionen hingegen sind ausgeblieben.*<o:p></o:p>

*mri. Tunis , im Juni*<o:p></o:p>

Leila Labidis Tag ist ausgefüllt. Sie behauptet zwar lächelnd, sie arbeite nicht. Montags, dienstags und donnerstags darf sie ihrem Mann Bechir das Essen ins Gefängnis in Tunis bringen. Da die Häftlinge in Tunesien nur die nötigste Nahrung erhalten, haben die Familien gemäss dem Gesetz das Recht, ihren Angehörigen dreimal wöchentlich eine Mahlzeit zu bringen. Am Dienstag darf Leila Labidi ihren Mann auch besuchen. Bechir Labidi ist Lehrer und Gewerkschafter und war als einer der Anführer der Protestbewegung gegen Armut, Arbeitslosigkeit und Vetternwirtschaft in der Phosphat-Region bei Gafsa im Südwesten des Landes wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung zu acht Jahren Haft verurteilt worden. Anlass der während Monaten anhaltenden Proteste waren im Januar 2008 unlautere Machenschaften bei der Vergabe öffentlich ausgeschriebener Stellen durch die Compagnie des phosphates de Gafsa, die wichtigste Arbeitgeberin der Bergbauregion, wo nach offiziellen Angaben die Arbeitslosenrate bei 30 Prozent liegt. Sie ist doppelt so hoch wie im Rest des Landes.<o:p></o:p>

*Bestrafung ganzer Familien**<o:p></o:p>*

Leila Labidi muss jeweils von der 400 Kilometer entfernten Stadt Redeyef, wo die Proteste besonders ausgeprägt waren, nach Tunis reisen. Ihrem zu drei Jahren verurteilen Sohn Mondhafer, der ins Gefängnis von Redjim Maatoug im Süden des Landes verlegt wurde, kann die Familie nur einmal wöchentlich das Essen bringen. Der Ort liegt zu weit weg von Redeyef. Das Gesetz verlangt zwar auch, dass Gefangene in der Nähe des Wohnorts inhaftiert werden. Aber auch zahlreiche andere Familien aus der Phosphat-Region wurden ähnlich bestraft. Boujemaa Chraiti, Vater von acht Kindern, braucht fast seinen halben Lohn als Krankenpfleger, um seinen Sohn Ghanem im Gefängnis in Medenine im Südosten des Landes zu besuchen. Dieser erhielt eine Haftstrafe von zwei Jahren. Boujemaa selber wurde zu zwei Jahren mit einer Bewährungsfrist von fünf Jahren verurteilt.<o:p></o:p>

Nachdem am <st1:date Year="2008" Day="6" Month="6" ls="trans">6. Juni 2008</st1:date> ein Demonstrant erschossen worden war, setzte eine Verhaftungswelle ein. Neben rund 300 Jugendlichen und arbeitslosen Studienabgängern wurden 38 Personen als angebliche Anstifter der Protestbewegung verurteilt. Sie alle wurden gefoltert, ihre Folterknechte erfreuen sich jedoch völliger Straflosigkeit. Insgesamt kamen bei den Protesten mindestens 5 Personen ums Leben, die Umstände wurden nicht untersucht. Von den von Präsident Ben Ali im Juli 2008 versprochenen wirtschaftlichen Investitionen in der Region ist nichts zu sehen. Die Repression hingegen ist allgegenwärtig.<o:p></o:p>

In den Strassen der südtunesischen Stadt Redeyef gab es Anfang Juni mehr Polizisten als Einwohner. Die politische Polizei trägt Zivilkleider, die sogenannte BOP (Brigade de l'ordre publique) ist uniformiert. Redeyef wurde praktisch abgeriegelt. Die Einwohner können die Stadt kaum verlassen. Die Polizei holt sie aus Bussen und Sammeltaxis. Von ausserhalb kann kaum jemand die Stadt besuchen. «Wir fühlen uns schikaniert», sagt Boujemaa Chraiti. Die Polizei erklärt den Einwohnern, sie habe freie Hand, sie werde keinen Mann in der Stadt lassen und alle ins Gefängnis bringen. Die Polizisten verhaften, prügeln und drohen jenen mit Gefängnis, die mit einem Anwalt sprechen. Junge Männer werden mit Vorliebe am Zahltag verhaftet unter dem Vorwand, sie müssten in den Militärdienst. Selbst wenn sie diesen bereits geleistet haben, werden sie trotzdem auf den Polizeiposten mitgenommen und geschlagen.<o:p></o:p>

*Umfassende Kontrolle**<o:p></o:p>*

«Die Polizei will Angst verbreiten», sagt Chraiti. «Es ist ein Drama, selbst unter der französischen Kolonialherrschaft sahen weder mein Vater noch mein Grossvater solche Zustände.» Als die Mütter und Ehefrauen von Gefangenen vor ein paar Wochen in Redeyef die Freilassung ihrer Angehörigen gefordert hätten, seien sieben Jugendliche verhaftet und zu Strafen zwischen sechs Monaten und einem Jahr verurteilt worden, berichtet Amar Amroussia. Er ist Mitglied des Parti communiste des ouvriers de Tunisie. Allein im Mai wurde er dreimal physisch von der politischen Polizei angegriffen. Als er dagegen Klage einreichte, hinderte ihn die Polizei, mit seiner Anwältin zu sprechen. Mehr als 500 Jugendliche, die im Visier der Polizei waren, haben die Region inzwischen verlassen, einige gingen nach Italien und Frankreich.<o:p></o:p>

Auch andere Bevölkerungskreise sind ausgeklügelten Repressionen ausgesetzt. Am 11. Juni bestätigte das Kassationsgericht in Tunis Gerichtsentscheide, wonach die unabhängige und staatlich zugelassene Menschenrechtsliga (LTDH) nicht aktiv sein darf. Das Verbot gilt seit 2001. Das Verfahren war von vier Mitgliedern angestrengt worden, die der Regierungspartei Rassemblement Constitutionnel Démocratique nahestehen. Sie bestritten die Legalität des damaligen Kongresses der LTDH, weil sie nicht in die Leitung gewählt worden waren. Die Lokale der Menschenrechtsliga werden seither dauernd von der politischen Polizei überwacht. Zudem wurde die Organisation seit 2001 mit mehr als 30 Gerichtsverfahren schikaniert.<o:p></o:p>

*Zahlreiche Verhaftungen**<o:p></o:p>*

Präsident Ben Ali stellt Tunesien immer wieder als Bollwerk gegen den Terrorismus hin, um die Repression zu rechtfertigen. Seit der Einführung eines entsprechenden Gesetzes Ende 2003 wurden rund 3000 sogenannte Salafisten, meist junge Männer, verhaftet und gefoltert. Gut die Hälfte von ihnen wurde bereits zu drastischen Strafen verurteilt. Nach Ansicht von Menschenrechtsanwälten ist die grosse Mehrheit von ihnen nicht organisiert, und es sind keine Terroristen. Ramzi Romdhani etwa wurde wegen Zugehörigkeit zu einer terroristischen Gruppe zu 29 Jahren Haft verurteilt, laut seiner Familie fünfmal für denselben Tatbestand, der im Übrigen nicht zutreffe. Er habe bloss mit Freunden über die Religion gesprochen. Auch Mabrouka Dadi sagt, ihr Sohn Khays gehöre keiner Terrorgruppe an. Er war während zweier Wochen in geheimer Haft, wurde gefoltert und schliesslich zu acht Jahren Gefängnis verurteilt.<o:p></o:p>

Nach Meinung des Anwalts und Vizepräsidenten der LTDH, Anouar Kousri, sind die tunesischen Salafisten die Früchte saudiarabischer Satelliten-Fernsehsender wie Igra und al-Majid sowie des Fehlens eines öffentlichen Raums in Tunesien für Diskussionen. Die Behörden machten zudem keinen Unterschied zwischen Salafisten, die andere bekehren wollten, und Anhängern des Jihad, betont er.<o:p></o:p>

*(Source: « Neue Zürcher Zeitung » *<st1:date Year="2009" Day="15" Month="7" ls="trans">*15.7.2009*</st1:date>*)<o:p></o:p>*

*<o:p> </o:p>*

*Quelle : Tunisnews, Nr. 3347, 22.7.2009.*

Re: Tunesiens Bergbauregion im Griff der Polizei [Re: Tunesienforum] #318175
23/10/2009 11:29
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Susi_Majnouna Offline
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Susi_Majnouna  Offline
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Es ist einfach so furchtbar..Teilweise werden Leute aus Gafsa sogar in Sousse festgenommen, weil sie dort angeblich nichts zu suchen haben und wieder zurück gehen sollen nach Gafsa. Selber erlebt. Nun wurde die Region ja auch noch von den Unwettern erschüttert...Wann hört das endlich auf?
Im Januar werden ich inshallah mal wieder Redeyef besuchen und mir selber ein Bild von machen..

lg susi


**J'ai l'immense chance d'avoir un amour comme lui**