21.08.2005:
Köln: "Hassgefühle aus dem Herzen ausrotten"
Ratzinger nennt Terrorismus "******* und grausam". Papst besucht keine Moschee in Köln. Zusammenfassung von Malik Özkan

(iz/dpa) Nur eine Stunde war für das Treffen des Papstes mit den Muslimen angesetzt. Natürlich hätten die Muslime es lieber gesehen, wenn Benedikt - nach seinem Synagogenbesuch am Freitag - an diesem Samstag auch eine Kölner Moschee betreten hätte. Doch das sei angeblich wegen "Zeitdrucks" unmöglich gewesen. Es ging wohl aber eher um Symbolik und Protokollfragen: So mussten eben die ausgewählten Muslime ins Erzbischöfliche Haus nach Köln kommen. Angesichts der Skepsis des Vatikans gegenüber einem möglichen EU-Beitritt der Türkei ist ein Treffen mit den Muslimen sowieso keine ganz einfache Veranstaltung. Das galt bei dem Kölner Treffen insbesondere auch deswegen, weil die Delegation von der türkischsprachigen DITIB-Führung dominiert und geführt war. Im Vorfeld war - gewohnt "basisdemokratisch" - entschieden worden, dass - zum Beispiel - kein Vertreter des Islamrates, kein bosnischer oder deutscher Muslim "mitdurfte". Versöhnen statt spalten? Hier hat der Vatikan also die politischen Vorgaben vor Ort übernommen. Eine echte Delegation der Muslime Deutschlands wäre ja wohl doch etwas größer geworden.

Benedikt XVI. wusste jedenfalls die knappe Zeit zu nutzen: Niemals zuvor seit seiner Wahl vor vier Monaten äußerte er sich derart ausführlich und klar zum Thema islamischer Terrorismus - und zur traurigen Vergangenheit der Gewalt und des Hasses zwischen beiden Religionen. "Die Erinnerung an diese traurigen Ereignisse müsste uns mit Scham erfüllen." Dann ging er zur aktuellen Herausforderung über: "******* und grausam" sei der Terrorismus, mit Füßen trete er "die Fundamente jedes geordneten Zusammenlebens". Dagegen gebe es nur ein Mittel: Sich der Intoleranz entgegenzusetzen und "das Hassgefühl aus den Herzen auszurotten".

Zwar meint Ratzinger immer wieder, dass diese Aufgabe beiden Religionen zufalle, Muslime wie Christen müssten gemeinsam gegen Terrorismus vorgehen. Dennoch glauben manche Beobachter im Papst-Tross, Benedikt XVI. habe sich vor allem an die Muslime gewandt, habe ihnen fast so etwas wie eine "Lektion" erteilen wollen, "was man gegen den Terrorismus zu tun hat". Nur was "die" Kölner Muslime gegen den internationalen Terrorismus eben genau tun sollen, das blieb doch recht verschwommen. Der Zusammenhang Islam und Terrorismus dominierte so den längsten Teil der Audienz. Was auch auffiel: In keinem seiner sonstigen Gespräche war der Papst jedenfalls derart ausgesprochen, und kein Politiker wurde an seine Verantwortung gegenüber der anderen Geißel der modernen Welt, dem millionenfachen Hunger, so forsch und publikumswirksam erinnert.

Gleichwohl unterstrich der Präsident des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Nadeem Elyas, wie schon dutzendfach zuvor unmissverständlich: "Der gemeinsame Feind ist der Terrorismus." Und Ridvan Cakir, Präsident der türkisch-islamischen Organisation DITIB, betonte nach dem Papst-Treffen ebenfalls erneut Selbstverständliches: "Bezogen auf den Dialog der Religionen und die Aktivitäten gegen Terror teilen wir dieselbe Meinung. Jeder Mensch sollte gegen Terror sein." Teilweise gingen die Mahnungen des Papstes auch, bei allem Respekt für die anwesende Delegation, über den Einflussbereich der angereisten Muslime weit hinaus. Ratzingers Forderung nach "Verteidigung der Religionsfreiheit" war wohl eher an die Adresse der islamischen Staaten gerichtet: Dort würden, so der Papst, nach wie vor Christen diskriminiert, verfolgt und in ihrem Glaubens behindert.

Natürlich haben auch die Muslime einige "Wünsche" artikuliert: Nach den Jahrhunderten des Hasses und der Kriege müsse nun aus Sicht der Muslime ein "Schlussstrich" gezogen werden. Und Nadeem Elyas hatte gleich einen weiteren Vorschlag: Es solle ein weiteres "Mea Culpa" (Schuldbekenntnis) geben, ganz so wie es der gestorbene Papst Johannes Paul II. im Jubiläumsjahr 2000 mit Blick auf die Judenverfolgungen gemacht hatte. Nach der Meinung von Nadeem Elyas "sollte auch die islamische Welt ihre historische Schuld bekennen und zu einem neuen konstruktiven Anfang bereit sein."

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