Einsatz für den Frieden: Papst Johannes Paul II.
25 Jahre im Amt
Papst fordert Kirche zum Kampf für den Frieden auf


16. Oktober 2003 In seiner Rede an über 150 Kardinäle und viele Bischöfe hat Papst Johannes Paul II. die Kirche aufgerufen, sich für Frieden und Gerechtigkeit einzusetzen. Die Kirche müsse die Rechte der Armen und Ausgestoßenen in der Welt verteidigen und den Dialog mit den anderen Religionen weiter zu führen.

Allerdings trug der schwer kranke Kirchenführer nur einen Teil seiner Rede selbst vor. Der Rest wurde von einem Kardinal verlesen. An diesem Donnerstag begeht Johannes Paul II. seinen 25. Jahrestag im höchsten Amt der Römisch-katholischen Kirche. Zahlreiche Staats- und Regierungschefs würdigten aus diesem Anlaß vor allem den Friedenseinsatz des Papstes. Der italienische Staatspräsident Carlo Azeglio Ciampi betonte seine Rolle beim Sturz des Kommunismus in Europa. „Sie haben an die Integration Europas geglaubt, als unser Kontinent noch geteilt war.“ Bundespräsident Johannes Rau hatte bereits am Dienstag die „deutliche Worte“ des Papstes zum Irak-Krieg gelobt.

Eine Fügung Gottes

Karol Wojtyla, am 18. Mai 1920 in dem polnischen, zwei Jahre zuvor noch österreichisch-ungarischen Städtchen Wadowice, südwestlich von Krakau, geboren, trug als Papst von Anfang an eine tiefe Gewißheit in sich. Daß er im Oktober 1978 - im zweiten Konklave jenes Jahres nach dem erwarteten Tod von Paul VI. (seit 1963) und dem überraschenden von Johannes Paul I. (26. August bis 28. September) nach nur 33 Tagen Amtszeit - von den Kardinälen zum Oberhaupt der katholischen Kirche auserwählt worden war, als erster Pole und Slawe der Kirchengeschichte, konnte nicht Zufall gewesen sein.

Für Karol Wojtyla war es vielmehr eine besondere Fügung, eine gezielte Absicht Gottes, jenes hilfreichen christlichen Gottes, der sich in seinem Sohn Jesus von Nazareth, dem Gründer des Christentums und seiner Kirche, auf die Menschen und ihre Geschichte und Geschichten einläßt. Das mußte er also ganz persönlich gemeint annehmen. Dem mußte er deshalb mit der ganzen Kraft seiner Person entsprechen. Bis zum letzten. Was wiederum nicht in seiner Hand liegen würde.

In Rom treffen in diesen Tagen Pilger aus der ganzen Welt ein, um zu dem Jubiläum anwesend zu sein. Der Papst selbst hat alle 195 Kardinäle in den Vatikan eingeladen und ihnen damit die seltene Gelegenheit gegeben, sich zu treffen und Meinungen direkt auszutauschen. Sie dürften diese Gelegenheit auch nutzen, um über eine Nachfolge des 83jährigen Kirchenoberhaupts zu reden.

Papst Johannes Paul II. leidet seit Jahren an der Parkinson- Schüttellähmung. Er kann kaum noch gehen und muß beim Sprechen immer öfter Pausen einlegen, um wieder zu Atem zu kommen. Dennoch werde er an seinem umfangreichen Terminplan festhalten, sagte der Außenminister des Vatikans, Kardinal Angelo Sodano. Der Papst stehe unerschütterlich an der Spitze der katholischen Kirche.

Tausende zur Messe erwartet

Nach seiner Ansprache an die Kardinäle wird Johannes Paul II. am Abend eine Messe leiten, zu der zehntausende Gläubige auf dem Peterplatz erwartet werden. Am Freitag wird im Vatikan ihm zu Ehren ein klassisches Konzert aufgeführt. Zwei Tage später werden Hunderttausende Pilger in Rom erwartet, wenn der Papst die vor sechs Jahren verstorbene Ordensfrau Mutter Teresa selig spricht. Sie wirkte in den Elendsviertel von Kalkutta und erwarb sich dort den Ruf des „Engels der Armen".

Die Jubiläumsfeiern klingen am 21. Oktober mit der Ernennung von 30 neuen Kardinälen aus, die vom Papst überraschend im vergangenen Monat nominiert worden waren. Diese Entscheidung gilt als weiterer Schritt und womöglich letzte Chance des Papstes, Einfluß auf jenes Gremium zu nehmen, das einmal über seinen Nachfolger befinden wird.

Johannes Paul II. hat mit der Ernennung vieler Kardinäle aber nicht nur die Grundlage für eine Nachfolge in seinem Sinne gelegt, er hat in seiner Amtszeit auch 477 Frauen und Männer in den Stand von Heiligen erhoben und 1318 selig gesprochen - mehr als alle Päpste vor ihm. „Ich denke, dieser Papst will in die Geschichte als Papst der Heiligsprechung eingehen", sagte Kardinal Jose Saraiva Martins, der im Vatikan für alle Angelegenheiten im Zusammenhang mit Heiligen verantwortlich ist.

Prediger gegen Gewalt und Terror

Unermüdlich hat Johannes Paul II. stets seine Kreise nach außen gezogen. Ob vom Vatikan aus oder bei den (nunmehr 102) Apostolischen Visiten, kein Papst vor ihm hat sich so oft, so unbekümmert, so folgenreich - wenn auch nicht immer erfolgreich nach seiner Absicht - in die "weltlichen Dinge", in die Angelegenheiten anderer Kirchen und Religionen, Völker und Kulturen eingemischt wie Karol Wojtyla. Protestanten und Juden, Muslime und Buddhisten, niemand war vor der Neugier, dem Gesprächsangebot, dem Gemeinschaftsanspruch dieses Papstes sicher. Auch da überschlagen sich die Bilder von den Premieren: Johannes Paul II. in der lutherischen Kirche, in der Synagoge, in der Moschee.

Wer ihm die Dialogbereitschaft auf festem Grund im allgemeinen übelnimmt, muß froh darüber sein, wenn der Papst im besonderen die Muslim-Führer auffordert, gegen Gewalt und Terror unter den Ihren zu predigen. Wann immer sich dieser Pontifikat dem Ende zuneigt, es wird wohl lange dauern, bis sich 25 Jahre mit demselben Papst wiederholen. Und noch länger, bis wieder ein solcher Papst vor die Kirche und die Welt tritt.