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Eheverträge

Die iaf hat dazu folgendes herausgegeben:

"Ein Ehevertrag entfaltet in der Regel dann seine Wirkung, wenn man sich scheiden läßt. Da der Gedanke an Scheidung bei der Eheschließung meist fern liegt, hat für viele Paare auch der Ehevertrag zu diesem Zeitpunkt keine Bedeutung. Dennoch betrachten viele einen Ehevertrag als Notwendigkeit zur finanziellen Absicherung gegenüber dem anderen Ehepartner. Ein Ehevertrag kann jedoch auch dazu benutzt werden, den wirtschaftlich schwächeren Teil noch mehr zu schwächen (Beispiel: ausländische Ehefrauen, die hier Hausfrauen sind und auf Unterhalt und Versorgungsausgleich verzichten, auch wenn Kinder aus der Ehe hervorgegangen sind). Dieses Merkblatt soll klären, was ein Ehevertrag regeln kann.

Bevor dargestellt wird, welche Möglichkeiten der güterrechtlichen Regelungen das deutsche Recht kennt, soll auf die Besonderheit bei deutsch-ausländischen Paaren eingegangen werden. Hat einer der künftigen Ehepartner eine ausländische Staatsangehörigkeit, so stellt sich die Frage nach dem anwendbaren Recht.

Haben beide Eheleute die gleiche (ausländische oder deutsche) Staatsangehörigkeit, so gilt für die sog. güterrechtlichen Wirkungen ihr gemeinsames Heimatrecht. (Ausn.: wenn das ausländische IPR = Internationales Privatrecht auf deutsches Recht zurückverweist.)

Haben sie unterschiedliche Staatsangehörigkeiten, so gilt das Recht ihres Wohnsitzes im Zeitpunkt der Eheschließung. Haben beispielsweise eine Belgierin und ein Tunesier in Tunesien geheiratet, leben zunächst dort ein Jahr und kommen dann nach Deutschland, so git für ihre güterrechtliche Beziehung aus deutscher Sicht tunesisches Recht. Da das tunesische Recht, wie fast alle islamisch geprägten Rechtssysteme, die Gütertrennung vorsieht, wird bei einer etwaigen Scheidung, keiner am Vermögen des anderen Ehegatten beteiligt. Jeder behält sein Bankkonto und seinen Grundbesitz (sofern vorhanden).

Will man - wie in den meisten Fällen - eine Regelung für das Leben in Deutschland treffen, so kann man zum einen einen Ehevertrag abschließen, in dem der Güterstand, in dem die Ehe geführt werden soll, festgelegt wird (also Gütertrennung oder Gütergemeinschaft). Von viel größerer Bedeutung für viele Ehepartner ist jedoch die sog. Scheidungsfolgenvereinbarung.

Hier kann für den Fall der Scheidung folgendes geregelt werden:
- der nacheheliche Unterhalt (Unterhaltsverzicht, einseitig oder wechselseitig) für den Ehegatten
- der Ausschluß des Versorgungsausgleichs
- wie der Hausrat aufzuteilen ist (bzw. soll bei einem verbleiben)
- wem die Ehewohnung zugesprochen werden soll.
Regelungen über Sorge- und Umgangsrecht für Kinder sind unbeachtlich.

Eine solche Vereinbarung kann beim Scheidungstermin durch die Anwälte der Parteien dem Gericht zu Protokoll erklärt werden oder eben schon vorher bei einem Notar vereinbart werden.

Inhalt des deutschen Ehevertrages:
Auch das deutsche Recht geht - entgegen einem weit verbreitetem Irrtum - vom gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft aus, und das bedeutet Gütertrennung mit Zugewinnausgleich. Ein Ehepaar, das also güterrechtlich dem deutschen Recht unterliegt, lebt in Gütertrennung. Allerdings findet bei einer etwaigen Scheidung ein sog. Zugewinnausgleich statt (d.h. derjenige, der während der Ehe mehr Vermögen angehäuft hat, muß dem anderen von dem "Mehr" die Hälfte abgeben). Möchte man dies nicht, muß man einen Ehevertrag abschließen und kann dort Gütertrennung (ohne Zugewinnausgleich) vereinbaren.

Möchte das im Beispielsfall erwähnte Paar nicht dem tunesischen Güterrecht unterstellt sein, weil es beispielsweise beabsichtigt, später in Deutschland zu leben, so kann jederzeit - also auch nach der Eheschließung - ein Ehevertrag abgeschlossen werden, oder einfach vereinbart werden, daß die Parteien für ihren Güterstand deutsches Recht vereinbaren wollen.

Sämtliche Vereinbarungen, sei es, daß die güterrechtlichen Wirkungen inhaltlich geregelt werden sollen, sei es, daß lediglich das anwendbare Recht bestimmt werden soll, müssen vor einem Notar abgeschlossen werden.

Zu beachten ist, daß die güterrechtliche Auseinandersetzung anläßlich der Ehescheidung und die Scheidung selbst unterschiedlichem Recht unterliegen kann. In unserem Beispiel mit dem belgisch-tunesischen Ehepaar würde die Ehe, wenn das Paar zuletzt in Deutschland gelebt hat, nach deutschem Recht geschieden werden. Die güterrechtliche Auseinandersetzung würde jedoch nach tunesischem Recht, als Wohnsitzrecht im Zeitpunkt der Eheschließung beurteilt werden. (Jedenfalls dann, wenn im Zeitpunkt der Eheschließung in dem betreffenden Land tatsächlich Wohnsitz vorgelegen hat. Die bloße Eheschließung mit anschließendem Ferienaufenthalt genügt zur Anwendbarkeit des dortigen Rechts nicht).

Um solche Unwägbarkeiten auszuschließen, kann man nun einen Ehevertrag abschließen. Nach dem deutschen internationalen Privatrecht (Art. 15 EGBGB)kann man hier das Heimatrecht eines der Ehegatten oder das Wohnsitzrecht oder für Grundstücke, das Recht des Lageortes wählen. Wie schon erwähnt, kann für die Wirksamkeit in Deutschland der Ehevertrag zu jedem Zeitpunkt - vor oder nach der Eheschließung - abgeschlossen werden. Immer jedoch vor einem Notar, auch vor einem ausländischen.

Anwalts- und Notarsgebühren richten sich nach dem Vermögen der zukünftigen Ehegatten.
Beabsichtigt man, außerhalb Deutschlands - etwa im Heimatland des ausländischen Partners zu leben, so sollte man sich dort vor Ort von einem Notar beraten lassen. Wer keinen kennt und/ oder Schwierigkeiten mit der Sprache hat, kann sich von der deutschen Auslandsvertretung in dem betreffenden Land einen Notar nennen lassen.

Für die meisten islamischen Länder gilt:
Eheverträge müssen vor bzw. bei der Eheschließung abgeschlossen werden. Dies ist deshalb so, weil nach den islamsichen Vorstellungen die Eheschließung selbst schon ein Vertrag ist.

In einem islamischen Ehevertrag ist folgendes geregelt:
- die Eheschließung selber
- Morgengabe, Höhe und Zahlungsweise
- Rechte und Pflichten der Ehegatten, z.B. Wohnsitzbestimmung, Einehe, Berufstätigkeit der Ehefrau, Ausreisefreiheit der Ehefrau
- Güterstand (i.d.R. Gütertrennung)
- Voraussetzungen, unter denen die Ehefrau die Scheidung verlangen kann

Zur Morgengabe:
Die Morgengabe ist sozusagen das Entsprechende zum Unterhaltsanspruch der Ehefrauen nach der Scheidung im deutschen Recht. Im islamischen Rechtskreis gibt es häufig die Möglichkeit der Privatscheidung (i.d.R. nur für den Mann), komplizierte langwierige Unterhaltsprozesse vor Gericht gibt es weniger. Damit die Frau nach einer solchen Scheidung nicht völlig mittellos dasteht, wird schon bei der Eheschließung eine bestimmte Morgengabe (i.d.R. ein Geldbetrag oder wertvoller Goldschmuck) vereinbart, die dann bei Scheidung an die Frau auszuzahlen ist (oder ein Teil wird bei der Eheschließung übergeben, der Rest bei deren Auflösung).

Zur Ausreisevollmacht:
Separat zu dem Ehevertrag kann man eine Ausreisevollmacht notariell beurkunden lassen, die der Frau ermöglicht, die erforderlichen Papiere zu einer Ausreise ohne Genehmigung des Mannes zu beschaffen. Ohne solche eine Ausreisevollmacht könnte eine Ehefrau z.B. in Saudi-Arabien oder im Iran nicht das Land verlassen.

Zum besseren Verständnis haben wir die Rechtsfolgen deutschem und islamischen Rechts gegenübergestellt und in den Anmerkungen die nicht allgemeinverständlichen Begriffe erklärt.

VERGLEICH ZWISCHEN DEUTSCHEM UND ISLAMISCHEM RECHT


Gestaltung des ehelichen Zusammenlebens
Deutsches Recht:
Gegenseitige Hilfestellung, gleiche Rechte und Pflichten bezüglich Unterhalt, Kindererziehung, Berufstätigkeit, Haushaltsführung.
Islamisches Recht:
Ehemann meist Oberhaupt der Familie, Gehorsamspflicht der Frau, teilweise Geschäftsunfähigkeit, z.T. keine freie Ausreise aus dem Heimatland des Mannes (Ehevertrag erforderlich).

Namensrecht
Deutsches Recht:
Entscheidung der Eheleute für einen gemeinsamen Namen, wobei der, dessen Name nicht gewählt wird, diesen dem gewählten Ehenamen voranstellen kann.
Neuerdings besteht auch die Möglichkeit, daß beide Partner ihre Geburtsnamen beibehalten, ein gemeinsamer Ehename ist nicht mehr erforderlich.
Islamisches Recht:
Oftmals behalten Ehemann und Ehefrau ihren jeweiligen Geburtsnamen. Die in deutschen Standesämtern von ausländischen Ehemännern unterschriebene Erklärung, sich dem deutschen Namensrecht zu unterwerfen, gilt nur für Deutschland. Der Name in seinem Paß wird i.d.R. nicht geändert.

Vermögensrechtliche Ordnung der Ehe
Deutsches Recht:
Zugewinngemeinschaft (gesetzl. Güterstand Anm. 1)
wirkt sich bei Scheidung oder Todesfall aus. Gütertrennung und Gütergemeinschaft können durch Ehevertrag vereinbart werden (Anmerk. 2)
Islamisches Recht:
Gütertennung (Anmerk. 3) (nach dem Gesetz zwingend)

Unterhalt für die Ehefrau (nach Trennung oder Scheidung)
Deutsches Recht:
Während der Trennung: bei Bedürftigkeit des einen und Leistungsfähigkeit des anderen Ehegatten,
Scheidung: wegen Kinderbetreuung, Alter, Krankheit, Arbeitslosigkeit, Ausbildung oder aus Billigkeit (Anmerk. 4)
Islamisches Recht:
Nach Verstoßung und Scheidung: während der Wartezeit (höchstens bis zu einem Jahr nach der Scheidung), z.T. Vergütung für die Ausübung des Sorgerechts; sonst kein Unterhalt, daher Morgengabe im Ehevertrag erforderlich!

Altersversorgung
Deutsches Recht:
Versorgungsausgleich (Anmerk. 5)
Islamisches Recht:
Kein Ausgleich der während der Ehe erworbenen Rentenansprüche.

Sorgerecht
Deutsches Recht:
Haben beide Eltern. Nach der Trennung oder Scheidung wird das Sorgerecht auf Antrag meist auf denjenigen übertragen, der das Kind während der Ehe überwiegend versorgt hat, i.d.R. die Mutter. Gemeinsames Sorgerecht ist auch möglich, wenn beide Elternteile dies wollen.
Islamisches Recht:
Mutter erhält Personensorge für Mädchen, je nach Land bis zum 7. oder 12. Lebensjahr, für Jungen noch kürzer. Vater behält Entscheidungsrecht über Erziehung.

Ehegattenerbrecht
Deutsches Recht:
Gesetzl. Ehegattenerbrecht neben den Kindern: Hälfte des Nachlasses (1/4 davon ist Zugewinn), bei Gütertrennung: 1/4 des Nachlasses).
Einsetzen des Ehegatten durch Testament: der Überlebende kann als Alleinerbe eingesetzt werden.
Islamisches Recht:
Eine Christin kann einen Moslem nicht beerben.
Absicherung der Ehefrau für den Todesfall des Mannes durch Umgeheung der Vorschriften. (z.B. Lebensversicherung zugunsten der Frau, hypothekarische Sicherung, notarielles Schuldanerkenntnis, Überschreibung von Vermögensgegenständen zu Lebzeiten, Schenkung). In einigen Ländern (z.B. Marokko, Ägypten) Möglichkeit, durch Testament 1/3 des Vermögens an eine Person zu vermachen, die nicht Erbe ist.

Anmerkungen:
1) Zugewinngemeinschaft: gesetzlicher Güterstand, wenn kein Ehevertrag gemacht wurde. Sinnvoll für Hausfrauen oder Zuverdienerehe. Vermögen der Ehegatten bleibt getrennt, nur das während der Ehe erworbene Vermögen wird ausgeglichen. Sinn und Zweck: war ein Ehegatte berufstätig, während der andere den Haushalt geführt und Kinder großgezogen hat, soll letzterer am Wohlstand des anderen beteiligt werden, wenn die Ehe scheitert oder der Ernährer stirbt. Er erhält einen Anspruch auf die Hälfte des Vermögens, was der Partner mehr erwerben konnte als er.

2) Gütergemeinschaft: Vermögen beider Ehegatten fallen in einen Topf und werden zum ehelichen Gesamtgut, von dem jedem die Hälfte gehört. Ungünstig, wenn einer Schulden macht.

3) Gütertrennung: gesetzlicher Güterstand in fast allen arabischen Ländern. In Deutschland nur durch Ehevertrag. Vermögen von Mann und Frau bleiben völlig getrennt. Da kein Zugewinnausgleich, sollte Morgengabe für das Scheitern der Ehe vereinbart werden, als finanzielle Absicherung der Hausfrau. Höhe zumindest ausreichend für Scheidungs- und Rückreisekosten, möglichst auch als Ersatz für nachehelichen Unterhalt und als Ausgleich für den Anteil am gemeinsam erarbeiteten Vermögen.

4) Ein Unterhaltsverzicht während des Bestehens der Ehe ist ehevertraglich nicht möglich, da dies dem Wesen der Ehe widersprechen würde. Ein Unterhaltsverzicht für den Fall der Scheidung sollte aufgenommen werden, wenn sich die Ehegatten noch nicht lange kennen. Je nachdem, wie die Ehe geführt wird, kann jede ehevertragliche Regelung nach deutschem Recht auch ungünstig sein, so daß in jedem Fall qualifizierte Beratung notwendig ist.

5) Der Versorgungsausgleich: Derjenige, der während der Ehe höhere Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung oder für eine Lebensversicherung auf Rentenbasis eingezahlt hat, muß die Hälfte des Überschusses an den anderen abtreten. Dies ist eine Verbesserung für den wirtschaftlich schwächeren, geschiedenen Ehegatten, z.B. die Hausfrau. Ausländische Versorgungsanwartschaften können in der Regel aber nicht ausgeglichen werden, weil die ausländsichen Rentenversicherungsträger nicht mitmachen. Der Versorgungsausgleich kann auch durch einen Ehevertrag ausgeschlossen werden, wenn beide Ehegatten berufstätig und keine Kinder beabsichtigt wind. Der Ausschluß des Vrsorgungsausgleichs ist nicht zu empfehlen, wenn Frauen Hausfrauen sind und Kinder aus dieser Ehe hervorgegangen sind.

LÄNDERHINWEISE:
In vielen Ländern ist der Abschluß eines Ehevertrages nur vor der Eheschließung möglich. Anschließend ist er unveränderlich, so z.B. in Japan und den meisten islamischen Ländern.

In vielen Ländern muß vor oder nach dem Abschluß eines Ehevertrages eine gerichtliche oder behördliche Genehmigung eingeholt werden."

Last edited by Uwe Wassenberg; 08/02/2010 22:33.