Entführte Österreicher nach Mali verschleppt?
12.03.2008 | 10:47 | CLAUDIA LAGLER UND HELMAR DUMBS (Die Presse)

Laut algerischen Angaben brachte die al-Qaida ihre zwei Salzburger Gefangenen nach Westafrika. Die Gruppe "al-Qaida im islamischen Maghreb" hat dort Ausbildungslager.

Salzburg/Wien. Die zwei auf einer Tunesien-Reise entführten Österreicher haben offenbar eine Odyssee hinter sich: Laut einer algerischen Zeitung befinden sie sich im westafrikanischen Mali. Dies wäre schlüssig: Die Gruppe „al-Qaida im islamischen Maghreb“, die behauptet, dass die Salzburger Wolfgang Ebner (51) und Andrea Kloiber (43) in ihrer Gewalt sind, hat dort Ausbildungslager. Und es ist eine Parallele zu 2003, als 32 Sahara-Touristen, darunter zehn Österreicher, in Algerien entführt wurden. 14 Geiseln kamen erst nach Wochen in Mali frei.


Laut neuen Erkenntnissen des Wiener Außenamts haben die Entführer bisher nur eine Audiobotschaft veröffentlicht und nicht zwei, wie es zunächst geheißen hatte. Darin wurde Österreich eindringlich vor einer Befreiungsaktion gewarnt. Und es werden die Daten von zwei Reisepässen genannt. Die Überprüfung ergab: Es sind die Daten der beiden Österreicher. Dennoch blieb das Außenamt vorerst bei der Sprachregelung „vermeintliche Entführung“.


„Er ist ein zacher Hund“
„Wir waren eigentlich erleichtert, dass es ein erstes Lebenszeichen gibt,“ beschrieb Bernhard Ebner (25) am Dienstag seine erste Reaktion auf die Meldung, dass sein Vater und dessen Lebensgefährtin in der Hand von Entführern sein könnten. „Nun muss man abwarten, ob und wann Forderungen erhoben werden“, meinte Ebner. Er ist zuversichtlich, dass sein Vater mit der Situation gut umgehen kann: „Er ist ein zacher Hund.“ Seit dem Jahr 2000 zog es den Halleiner Steuerberater immer wieder in die Wüste: „Er hat sich gut vorbereitet und geht sicher kein Risiko ein.“







Am 9. Februar hatten Wolfgang Ebner und seine Lebensgefährtin mit zwei Schäferhunden die Fähre von Genua nach Tunis genommen. Am 18. Februar gab es das letzte Lebenszeichen, per Telefon aus Tatouine, Südtunesien. Als sich die beiden nicht wie vereinbart nach einer Woche wieder meldeten, verständigten die Angehörigen die Polizei. „Wir haben nichts von Reisewarnungen gewusst und uns keine Sorgen gemacht“, sagten die Eltern von Andrea Kloiber. Ihr Appell an die Entführer: „Lasst sie bitte frei.“ Es war die erste Reise der Tochter in die Wüste gewesen.

„Das Gebiet sollte für uns tabu sein“, sagte Harald Galler, einer der 2003 entführten Österreicher. Er war 52 Tage in der Hand der Geiselnehmer: „Wenn man da unten allein mit dem Jeep unterwegs ist, kann man jederzeit entführt werden. Seit er von der möglichen Entführung der beiden Halleiner gehört hat, kommen die Ereignisse von damals wieder hoch: „Ich habe die ganze Nacht nicht geschlafen und alles wieder durchlebt.“


Suche mit Kamelen
Das Innenministerium sei bereit zur Entsendung von Leuten der Spezialeinheit Cobra, hieß es nach einer Sitzung des Krisenstabes. Eine militärische Befreiungsaktion werde aber ausgeschlossen. Die tunesischen Behörden hätten aus der Luft und auf Kamelen in der unwegsamen Region nach den Verschwundenen gesucht.

Tunis behauptet indes, es gebe keinen Beweis, dass die Österreicher tatsächlich in Tunesien entführt wurden und lenkt die Aufmerksamkeit auf Algerien. „Jedes Maghreb-Land hat ein Interesse, dass die Geiseln nicht auf seinem Boden sind“, sagt Terror-Expertin Isabelle Werenfels. Gerade deshalb sei der aus Algerien kommende Hinweis auf Mali mit besonderer Vorsicht zu genießen.

AUF EINEN BLICK
Wolfgang Ebner und Andrea Kloiber waren seit 9. Februar in Tunesien unterwegs. Am 18. Februar gab es das letzte Lebenszeichen – bis am Montag die Gruppe „al-Qaida im isla-mischen Maghreb“ behauptete, sie entführt zu haben. [APA]
("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.03.2008)