Entsetzen nach Angriff auf gebürtigen Äthiopier
Dienstag 18. April 2006, 17:34 Uhr


Potsdam (ddp-lbg). Der rassistische Angriff auf einen gebürtigen Äthiopier in Potsdam hat deutschlandweit Entsetzen hervorgerufen. Parteien und Verbände verurteilten die Gewalttat am Dienstag als abscheulich. Das 37-jährige Opfer war am frühen Ostersonntag von zwei vermutlich recht***tremen Tätern angegriffen und schwer verletzt worden. Der Familienvater mit deutschem Pass hatte schwere Schädel-Hirn-Verletzungen erlitten und schwebt noch immer in Lebensgefahr. Die Ermittlungen hat Generalbundesanwalt Kay Nehm an sich gezogen.

Der Generalsekretär

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des Zentralrats der Juden in Deutschland, Stephan Kramer, warf der Politik schwere Versäumnisse vor. Fälle wie dieser seien «das Ergebnis einer verfehlten Jugend- und Bildungspolitik». Rechtsradikale hätten gerade unter Jugendlichen erheblichen Zulauf. Dabei würden DVU und NPD in die Lücke stoßen, die der Staat in der Jugendarbeit gelassen habe.
Nach Ansicht der Grünen-Vorsitzenden Claudia Roth sind Einwanderer in Deutschland einer zunehmenden Gefahr rassistischer oder recht***tremistischer Gewalt ausgesetzt. Das liege auch daran, dass sie immer öfter als «Integrationsverweigerer» gebrandmarkt würden. Roth kritisierte in diesem Zusammenhang die vermeintlichen «Law-and-Order-Politiker» von CDU und SPD.

Die Innenexpertin der Linksfraktion im Bundestag, Ulla Jelpke, sieht in dem »brutalen Mordversuch« von Potsdam nur die Spitze eines Eisbergs an rassistischer Gewalt in Deutschland. Die »teilweise schrillen Töne« der Union in der Integrationsdebatte trügen dazu bei, dass Migranten von vielen als belastend und störend empfunden werden.

Das Brandenburger Aktionsbündnis gegen Gewalt, Fremdenfeindlichkeit und Recht***tremismus sieht in dem rassistischen Angriff keinen Einzelfall. Der politischen und zivilgesellschaftlichen Auseinandersetzung mit Recht***tremismus, Gewalt und Fremdenfeindlichkeit müsse weiterhin hohe Priorität eingeräumt werden, forderte ein Sprecher.

Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) reagierte mit »Bedauern und Bestürzung« auf den Angriff. Die Landesregierung unternehme alles, um solche Taten zu verhindern. Es müsse mit aller Konsequenz nach den Tätern gesucht werden.

Der Potsdamer Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) sagte, die Stadt stehe nach der schrecklichen Tat unter Schock. Es habe keinerlei Hinweise auf so einen brutalen, fremdenfeindlichen Übergriff gegeben. Der Familie sicherte Jakobs Unterstützung zu.

Zugleich äußerte Jakobs die Befürchtung, dass die Tat einen Imageschaden für Potsdam bewirkt. Bislang sei die Stadt als weltoffen bekannt gewesen. Es werde lange dauern, das Sicherheitsgefühl der ausländischen Mitbürger wiederherzustellen.

Nach Angaben des Vereins Jugend engagiert in Potsdam erstarkt die rechte Szene in Potsdam und Umgebung. Allein im vergangenen Jahr habe es 27 rechte Übergriffe auf Ausländer oder Andersdenkende gegeben. Die Taten und Angriffe ereigneten sich keinesfalls zufällig, sondern seien geplantes Kalkül. Damit solle ein Klima der Angst auf den Straßen geschaffen werden.

Stadtkirchenpfarrer Markus Schütte kündigte für Mittwoch 19.00 eine Andacht in der Friedenskirche Potsdam-Sanssouci an.

(ddp)

http://de.news.yahoo.com/18042006/336/entsetzen-angriff-gebuertigen-aethiopier.html