Es gibt ein ganzes Bündel an Gründen.

Definitiv korrekt ist es, daß VoIP in Tunesien verboten ist, nicht gesetzlich, doch per Nutzungsbedingung der TunisieTelecom. Die TT kann also jederzeit eine geduldete Praxis ändern, z.B. wenn die Bandbreite für andere Zwecke genutzt werden soll - sie brauchen nur die VoIP-Pakete mit geringer Priorität zu versehen (z.B. weil sie für andere Services eine höhere Priorität benötigen) und schon hat man den derzeit beobachteten Qualitätsabfall, selbst ohne politisch motivierte Hintergründe.

Definitiv korrekt ist es, daß der Internetverkehr und sämtliche Telefonie in Tunesien einer Echtzeitüberwachung unterliegen (es wird automatisiert nach bestimmten Schlüsselbegriffen untersucht und eine Kommunikation dann, wenn diese auftauchen, zu einem Überwacher durchgestellt). Für den Internetverkehr kommt dabei dieselbe Software zum Einsatz, die auch in China verwendet wird und die Blockaden und Logging in fast beliebigem Umfange und mit einer Vielzahl von Optionen erlauben.

Definitiv korrekt ist es weiterhin, daß derzeit in Tunesien Internetcafes geschlossen und die Betreiber "nachgeschult" werden, sobald der Verdacht besteht, daß in einem bestimmten Cafe der Versuch des Zugriffs auf bestimmte Inhalte stattfand. Die Betreiber werden insbesondere mit der Regelung vertraut gemacht, daß des Betreiber es aktiv verhindern muß, daß bestimmte Angebote im Internet aufgesucht werden (unabhängig davon, daß sie gesperrt sind) und daß von jedem Besucher die Personalien niedergeschrieben werden müssen.

Korrekt ist es ebenfalls, daß in den letzten Monaten diverse Angebote und der Zugriff auf Präsenzen bestimmter gesellschaftlicher Gruppen und Organisationen gesperrt wurde - und das betrifft nicht nur menschenrechtliche oder politische Themen, sondern auch Beiträge, in denen es um Umweltschutz, Streiks, Gefährdung am Arbeitsplatz, Korruption und dergleichen geht.
Das Problem ist, daß diese Themen mittlerweile in großer Anzahl auftreten und darüber publiziert wird (Blogs etc.), daß quasi täglich neue Sperrungen und Untersuchungen stattfinden und dabei dann auch zuweilen über das Ziel hinausgeschossen wird, was wiederum noch mehr Personen auf die Geschehnisse aufmerksam macht, die dann ebenfalls darüber schreiben.

In diesem Gesamt-Klima ist es tatsächlich angezeigt, vorsichtig zu sein, denn selbst die Nähe zu einer "bösen" Person oder Organisation kann da schon, wenn man Pech hat, ausreichen, um die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.

Deutsch- und englischsprachige Webseiten und Personen kommen bisher allerdings noch relativ ungeschoren davon, wahrscheinlich weil es zum einen an Sprachkompetenz in der Überwachung mangelt und zum anderen die Menge dieser Angebote/Personen begrenzt ist - ganz anders sieht es aber in arabisch und französisch aus.